


UNTER UNS von Geistern, Dschinns und Monstern
Geister und Dämonen verfügen über maximale Reisefreiheit. Sie benötigen keine Aufenthaltstitel. Von Passkontrollen lassen sie sich nicht aufhalten. Der Schlagbaum, der einen Geist daran hindert, die Grenzen zwischen verschiedenen Ländern – oder Zeiten – zu passieren, müsste erst noch gezimmert werden. Im Reich des sogenannten Übernatürlichen ist Globalisierung Standard. Es lohnt sich also, auch einen genaueren Blick auf diejenigen Wesen zu werfen, die aus anderen Überlieferungen zu uns gelangt sind.
Hierzu gehören die Yōkai. Das Wort ist eine Sammelbezeichnung für alle möglichen Kreaturen und Gestalten, die ihren Ursprung in der chinesischen und japanischen Mythologie haben. In Übersetzungen werden sie oft als „Dämonen“ oder „übersinnliche Wesen“ bezeichnet. Doch das trifft die Sache nicht so recht. Nennen wir sie also bei ihrem eigenen Namen: Yōkai. Und versuchen wir, sie ein wenig kennenzulernen. Denn nicht anders als Dschinns, Monster oder Zombies sind die Yōkai schon lange unter uns. In Videospielen und Mangas, Animeserien und Horrorfilmen. Wer sich an das Ohngesicht aus Chihiros Reise ins Zauberland erinnert oder an die wuselnden Rußmännchen, ist bereits Gestalten begegnet, die tief im Yōkai-Kosmos verwurzelt sind. Mal niedlich und mal schrecklich, fluide in ihrer Gestalt und ausgestattet mit besonderen Kräften, bilden die Yōkai eine Republik, in der Natürliches und Übernatürliches in einer Weise zusammenfinden, die dazu einlädt, diese Unterscheidung grundlegend neu zu vermessen.
Dr. Fabian Bernhardt ist Philosoph und Autor. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich Affective Societies der Freien Universität Berlin, schreibt regelmäßig für das Philosophie Magazin und andere Zeitschriften und gehört zu den Gründungsmitgliedern des Affect and Colonialism Web Lab. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört der Umgang mit schlimmen Vergangenheiten, Schuld, Unrecht und Gewalt. Nach einer 2014 veröffentlichten Monographie zur Frage der Vergebung erschien 2021 sein zweites Buch Rache. Über einen blinden Fleck der Moderne (Matthes & Seitz), das mit einem Sachbuchpreis ausgezeichnet wurde.
Penny Yiou Peng ist Theaterwissenschaftlerin und Performance-Künstlerin. Sie hat an der Freien Universität Berlin über posthumanistische Verwandlungen in der Performance-Kunst promoviert. Unter dem Namen oxi pëng experimentiert sie mit sinnlichen Formen, die die Grenzen zwischen Traumbildern, Geräuschlandschaften, Poesie, Psychedelik, menschlichen und nicht-menschlichen Körpern verflüssigen. Als Performerin ist sie auf internationalen Bühnen wie Kampnagel (Hamburg), performensk (Minsk), Rupert Residency (Vilnius) und am Institute of Contemporary Art (London) zu sehen. Künstlerische Texte von ihr erschienen unter anderem im Spike Art Magazine, Ars Electronica Festival, Performance Research und Journal of Body, Space & Technology. @pennybirdy
Die Gesprächsreihe wird unterstützt vom SFB Affective Societies (Freie Universität Berlin).
- 20:00Roter Salon
UNTER UNS von Geistern, Dschinns und Monstern
Fabian Bernhardt im Gespräch mit Penny Yiou Peng