Wachskind | Olga Ravn

Hier spricht eine Stimme, die es gar nicht geben dürfte: ein Kind geformt aus Bienenwachs, Haaren und Fingernägeln. Aus seiner Perspektive verfolgt Olga Ravn die reale Geschichte der unverheirateten Adligen Christenze Kruckow im Dänemark des 17. Jahrhunderts: Gerüchte von Teufelsbesessenheit machen die Runde in einer Gemeinde, in der Aberglaube, Begehren und Machtgier ineinander greifen. Olga Ravn ist ein historischer Hexenroman gelungen, der zugleich zart und unheimlich ist – und der die Hexenprozesse Dänemarks mit poetischer Präzision in unserer Gegenwart greifbar macht.

Ravn verschränkt Archivrecherche und Einbildungskraft: Briefe, Spruchsammlungen, Handbücher und Gerichtsakten schimmern durch den Text, während das Wachskind berichtet, was hinter Türen geflüstert, in Küchen beschlossen und auf den Kanzeln beschworen wird. Grundlage ist die historisch belegte Verfolgung Christenze Kruckows, die zum Tode verurteilt wurde – ein Fall, der das System von Denunziation, Klassenprivilegien und Massenpanik bloßlegt.

Für die deutsche Buchpremiere von Wachskind an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz öffnet Olga Ravn den Raum zwischen Historie und Beschwörung: ein Roman über weibliche Bündnisse und männliche Angst, über Körper als Beweisstücke und Sprache als Zauber.

Die deutsche Ausgabe erscheint Mitte Oktober 2025 im MÄRZ Verlag, aus dem Dänischen übersetzt von Alexander Sitzmann.

Olga Ravn, geboren 1986 in Kopenhagen, studierte Literarisches Schreiben an der dortigen Autorenschule. Neben der Veröffentlichung diverser und mit vielen Preisen ausgezeichneter Lyrikbände arbeitete sie als Literaturkritikerin, Lektorin und Übersetzerin. Ihre Romane Die Angestellten und Meine Arbeit wurden weltweit gefeiert, in knapp 20 Sprachen übersetzt und erschienen in der deutschen Übersetzung als gebundene Ausgaben, als Taschenbücher sowie als Theater- und Hörspieladaptionen.