



SAINT FLESH
präsentiert von Duygu Ağal und Ricarda Hillermann | Sport StudioSAINT FLESH ist ein Remix-Format aus Sportsendung, Kunst-Talk und Live-Tutorial. Gegenstand der Gespräche sind der Körper als Schnittstelle von Theater & Sport, und die Bildwerdung des Körpers auf der Bühne aus queerer Perspektive.
Alle zwei Monate laden Duygu Ağal und Ricarda Hillermann Gäste aus dem Grenzbereich von Theater/Performance und Sport ein, um gemeinsam jeweils eine Sportart auf ihren inszenatorischen, performativen und theatral-ästhetischen Gehalt zu untersuchen.
Ausgebremst durch Kreuzbandriss und einer Fraktur des Mittelhandknochens, fragen sich Duygu und Ricarda, was sie mit ihrer selbstattestierten Sportsucht eigentlich die ganze Zeit performen, reproduzieren oder, zugegebenermaßen, auch kompensieren. Zwei Menschen, die am Theater arbeiten und in der Begeisterung für ihren Sport vermeintlich einen Widerspruch zu eben jenem Leben sehen, das sie eigentlich der Beschäftigung mit der darstellenden Kunst verschrieben haben. Warum eigentlich? Eine erste Antwort auf die Frage, wie das Theater im Sport, und der Sport im Theater auftaucht, geben sportzentrierte Inszenierungsformen wie das Wrestling als Showsport, das Bodybuilding oder das wettkampforientierte Kunstturnen – sie interessieren den Sport für die künstlerische Verhandlung allemal. Eine zweite Antwort auf die Frage gibt der Ort allen Geschehens, der zur Schau gestellte Körper: Sport und Theater tragen mit ihren eigenen Inszenierungen von Körper zu seiner Rollenbestimmung in der Gegenwart bei. Wie wird der disziplinierte Körper also in Sport und Theater dargestellt? Was haben gender checks bei Olympia mit type casting, Drogen mit Doping, Bekleidungsrichtlinien mit Kostümen, Torjubel mit Szenenapplaus und Sponsorenverträge mit dem Normalvertrag Bühne zu tun?
Titelgebend für die Reihe ist eine historische Verschiebung, die der westliche Körper im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit erfahren hat. Die körperfeindliche, christliche Vorstellung vom irdisch-menschlichen Leib als sündiges Fleisch erfährt in der Moderne eine Umdeutung: Die Körperaufwertung beginnt mit der Aufklärung und bereitet schrittweise vor, welchen gesellschaftlichen Stellenwert der Körper heutzutage und vor dem Hintergrund neoliberaler Verhältnisse einnimmt. Im Sinne seiner Modulier- und Modifizierbarkeit wird er in Deutschland seit spätestens den 1990er Jahren geradezu als sakrosankt und heilig überhöht. In Persona also: SAINT FLESH.
Ohne Frage, der Körper hat Karriere gemacht. Erlebt als Idee & Ideal, Arbeitsgerät, Vorstellung von Richtig und Falsch, Kapitalanlage, Projektionsfläche, agent und Schlachtfeld Höhen und Tiefen. Darstellung und Rolle des Körpers in Gesellschaft gehen zweifellos Hand in Hand und unterscheiden sich je nach Epoche maßgeblich. Im Mittelpunkt der Reihe stehen daher verschiedene sportzentrierte Körperinszenierungen, ihr subversives Potential im Kontext intersektionaler Verflechtungen, ihre sozio-kulturelle und politische Bedingtheit, die Frage nach Entfremdung & Emanzipation, und auch die Möglichkeit sportiver Körper als Selbstzweck.
Duygu Ağal ist Autor:in und ehemaliger Verbandsligist und treu unterlegene Knie-Verletzte. Ağal ist überzeugt, dass sie als Cis-Mann für ihre Liga Einsätze diese Sendung niemals moderieren müsste, geschweige denn überhaupt je wieder Lohnarbeit betreiben. Nun hat er dem Ballsport endgültig den Rücken gekehrt und boxt nun nach halbjähriger Pause, um die Lust am Schreiben nicht zu verlieren. Instagram: @duyguagal
Ricarda Hillermann würde niemals zugeben, dass sie ihren Job als Dramaturgieassistentin an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz eigentlich nur nebenberuflich ausübt, um sich ihren Lifestyle als Amateur-Radsportlerin zu leisten. Wenn sie es besser wüsste, hätte sie das mit dem Sport längst sein gelassen. Instagram: @ricarda.hn